Medizin in
(Aus-)Bildung und Gesellschaft Anatomisches Besteck für Studenten mit Skalpellen und
Pinzetten. Besonders erwähnenswert sind die vom ehemaligen Besitzer
beigelegten Instrumente (ein scharfer Löffel und eine Paraszentesenadel) |
Die Medizinhistorische Sammlung Aachen |
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Die heute
streng reglementierte, akademisierte Ausbildung ist in Deutschland eine
vergleichsweise junge Erscheinung. Erste europäische Universitäten
wurden zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert gegründet, an denen auch die
Medizin gelehrt wurde. Jedoch bestand das Ziel der Wissensvermittlung nicht
im medizinischen Fortschritt, sondern in der Weitergabe des Wissens der
antiken Schriftsteller wie etwa des Hippokrates und des Galen. Erst mit der
Renaissance als Beginn der Neuzeit bildete sich ein neues
Wissenschaftsverständnis heraus, das auf den antiken Grundlagen
fußte. Von traditionellen und religiösen Dogmen befreite
Überprüfung und kritische Hinterfragung bestimmten die neue
Wissenschaft, was zu einer grundlegenden Veränderung der Lehre an den
medizinischen Fakultäten führte. Die erste Einführung einer
praktisch-klinischen Ausbildung ließ allerdings bis zum Beginn des 19.
Jahrhunderts auf sich warten. Erstmals wurden 1825 in Preußen
medizinische Kenntnisse in Theorie und Praxis gelehrt und geprüft. Bis
in das 20. Jahrhundert hinein sollten sich die Prüfungsordnungen und der
Umfang der verlangten Kenntnisse erheblich erweitern. Der Einzug der Naturwissenschaften
in die Medizin führte zu einem Anstieg der Studentenzahlen, weil der
ärztliche Beruf zu einem attraktiven Berufsbild für das
Bildungsbürgertum wurde. Der Mediziner
ist zwar ein spezialisierter und ausgebildeter Fachmann, jedoch hat auch der
Laie die Möglichkeit, sich selbst schnell und umgehend auf verschiedene
Arten und Weisen über gesundheitliche und medizinische Aspekte zu
informieren. War es früher noch eine Notwendigkeit, gewisse Hausmittel
und Erste-Hilfe-Kenntnisse zu haben, die innerhalb der Familie oder
Dorfgemeinschaft weitergegeben wurden, ist dieses Wissen nunmehr ein
positiver Nebeneffekt. Möglichkeiten und Umfang der Selbstdiagnose und
Selbstbehandlung waren noch niemals so groß und attraktiv wie heute, wo
eine grundlegende naturwissenschaftliche Ausbildung zum Schulunterricht
gehört. Handbücher, Lexika und das Internet stellen erhebliche
Mengen an Wissen zur Verfügung und die Apotheke bietet frei
verkäufliche Mittel für jeden Bedarf, so dass dem Arzt ein relativ
autonomer und im Regelfall aufgeklärter Patient entgegen tritt. |