Hausärzte und häusliche „Medizin“ Wärmflasche, Kupfer (um 1930) |
Die Medizinhistorische Sammlung Aachen |
|
|
Über seine medizinische Kompetenz
hinaus ist der Hausarzt auch heute nicht selten auch Vertrauensperson und
Berater in persönlichen Angelegenheiten des Patienten. Dies gilt
insbesondere in ländlichen Regionen mit einer relativ geringen
medizinischen Versorgungsdichte im Vergleich zu den Städten. Hier ist
häufig die hausärztliche Praxis nicht nur die erste Anlaufstelle,
sondern überhaupt die einzige Möglichkeit der medizinischen
Versorgung. Dieses Alleinstellungsmerkmal hatte der
Hausarzt nicht zu allen Zeiten inne. Es brauchte lange, bis auch in den
entlegensten Regionen, wie z.B. den Bergtälern, ein Netz medizinischer
Versorgung etabliert werden konnte. Bis dahin bestand die Möglichkeit
zur Hilfe in gesundheitlichen Belangen für die Bevölkerung in den
entsprechenden Regionen vor allem im Wissen von kräuter- und
heilkundigen „Volksmedizinern“, Heilpraktikern oder
„Gesundbetern“, wie sie noch heute zum Beispiel im Hunsrück
anzutreffen sind. Erst das so genannte „Heilpraktikergesetz“ von
1939 regelte die Zuständigkeiten der heilkundlichen Berufe und verlieh
dem akademisch ausgebildeten Arzt ein Monopol. Mit diesem Monopol fungierten die
Hausärzte als Mittler zwischen Volksheilkunde, akademischer Medizin,
Laienmedizin und den medizinischen Fachdisziplinen. Mit der Verabschiedung
des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV-Modernisierungsgesetz) im Jahre 2003 ist es politischer Wille, die
Hausärzte wieder in dieser Funktion zu stärken (sog. Gatekeeper-Funktion). So nimmt es nicht Wunder, dass viele
ganzheitlich ausgerichtete Hausärzte neben schulmedizinischen auch
alternative Heilverfahren in ihrem Leistungsangebot führen. Damit kommen
sie einem verbreiteten Bedürfnis ihrer Patienten nach ganzheitlicher,
verständlicher und sanfter Medizin entgegen. Auch hier kann an eine zu früheren
Zeiten notwendige laienmedizinische Tradition angeknüpft werden.
Gesundheitliche Ratgeberliteratur gehörte selbstverständlich in
jeden Haushalt. Hier fand der
Hausvater Anleitungen zu Prophylaxe, Selbstbehandlung und Erster Hilfe sowie
zur Bestückung der Hausapotheke. Diese wurde je nach Jahreszeit und
Verfügbarkeit um Kräuter und „Hausmittel“ ergänzt.
Mit zunehmendem Wohlstand stattete man sich zudem mit hygienischen und
pflegerischen Hilfsmitteln aus wie Wärmflasche und
Quecksilberthermometer oder Blutdruckmessgerät und
Schröpfköpfen, wie sie auch der Hausarzt verwendete.
Spätestens wenn der familiäre Nachwuchs in den Kinderkrankheiten
lag, wurde die Mutter zur Krankenschwester, wie die Pionieren der
Krankenpflege, Florence Nightingale, im Vorwort ihrer „Notices on
Nursing“ 1857 ausführte. |