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Die Medizinhistorische Sammlung Aachen |
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Das mittelalterliche
Leprosorium Aachen Melaten |
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Von den einschneidenden
Veränderungen in der Lebenswelt des 11. Jahrhunderts profitierten auch
die Städte. Eine lange Friedenszeit im 10. Jahrhundert hatte zu
bedeutenden technischen und ökonomischen Errungen-schaften geführt.
Es folgte daraus auch der Aufstieg der Städte, der einerseits zu
größerem Wohlstand dieser führte, andererseits mit
verschlechterten hygienischen Lebensbedingungen und einem Wachstum der
Bevölkerungs-dichte verknüpft ist. Mit diesem Aufstieg einher ging
auch ein Wandel in der Bewertung von Armut, der sich im 12. und 13.
Jahrhundert sehr deutlich niederschlägt: neben neuen
Ordensgründungen, von denen die Franziskaner nur die berühmtesten
sind, bilden sich verschiedene Armutsbewegungen – sie alle wollen ein
möglichst Christus-gefälliges Leben führen. Der Lepröse schließlich
wurde zum Ebenbild des armen Christus. Zwar hatte es immer wieder
gelegentliche Stiftungen für Arme und Kranke gegeben, doch entsteht mit
dieser Umdeutung von Armut und Krankheit der Wille, sich besonders für
Arme und Kranke einzusetzen. In ganz Mitteleuropa entstehen Hospitäler,
Armenhäuser und Leprosorien. In den Leprosorien wurden nun die
Leprakranken aufgenommen und versorgt, die vorher als
„Feldsieche“ bekannt waren, da sie als Ausgestoßene ein
Leben in der Wildnis vor den Städten führten. Auch bei Aachen wurde ein solches
Leprosorium gegründet. Typischerweise lagen diese außerhalb der
Städte an den großen Ausfallstraßen, wo reger
Durchgangsverkehr für ausreichende Spenden sorgte, und in der Nähe
der Richtstätten, so dass die Hingerichteten schnell auf den
Friedhöfen der Leprosorien bestattet werden konnten. In diesen
Einrichtungen wohnten die Leprösen in einer abgeschlossenen Gemeinschaft
mit festgelegten Regeln, zu denen unter anderem das Gebet für die
Gründer und Spendenden gehörte. 1218 ging der Besitz der Felder, auf
denen noch im 13. Jahrhundert das Leprosorium gegründet werden sollte,
an das Aachener Marienstift. Im 14. Jahrhundert bestand das Leprosorium
bereits aus der standardmäßigen Kapelle innerhalb eines
geschlossenen Hofgefüges. In diesem wohnten die Leprosen vermutlich in
selbst erbauten Hütten. Mit dem Rückgang der Lepra im 15. und 16.
Jahrhundert erfahren auch die Leprosorien eine Umwandlung, häufig zu
bäuerlichen Höfen, Spitälern, Alterswohnsitzen oder
Waisen-häusern. In Aachen entstand schließlich aus dem
aufgelösten Leprosorium ein Bauernhof, der in Teilen noch heute besteht
und für den sich der Name „Melaten“ (nach frz.
„malade“ = krank/„mal ladre“ = „Krankheit des
Lazarus“/ „maladrerie“ = „Unterkunft der
Kranken“) erhalten hat. 1965 fanden unter dem damaligen
Stadtpfleger Leo Hugot erste archäologische Untersuchungen statt, bevor
das Land Nordrhein-Westfalen das Gelände erwarb und in unmittelbarer
Nähe das Gebäude der neu begründeten Medizinischen
Fakultät errichtete, das 1985 eingeweiht wurde. Zwischen 1969 und 1990 fanden mehrere
archäologische Grabungen statt, besonders auf dem Leprosen-Friedhof. Der
Aachener Mediziner Egon Schmitz-Cliever und ein skandinavisches Expertenteam,
darunter der berühmte Vilhelm Möller-Christensen, legten mehrere
Gräber frei und diagnostizierten bei vielen der gefundenen Skelette
anhand der typischen Knochendeformationen tatsächlich Lepra. In den
Jahren 1988/89 leitete das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege unter
Wilfried Maria Koch eine weitere Grabungskampagne, an der in großem
Umfang auch einige Institute der RWTH beteiligt waren. Die entsprechenden
Unterlagen der Grabungen aus dem Nachlass Egon Schmitz-Clievers und Teile der
gefundenen Skelette sind noch heute Teil der medizinhistorischen Sammlung des
Instituts. |
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